Vera macht Karriere ohne Freude

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich möchte Ihnen heute einen besonders interessanten Fall vorstellen, in dem eine Frau…
Quatsch! So fangen meine Schaf-Blöks doch nicht an! Aber Vera würde so schreiben. Weil bei Vera immer alles ganz korrekt zugehen muss. Seriös. Man kann doch nicht so einen luftig-lockeren Ton anschlagen wie Bernadette in ihrem Schaf-Blök. Was macht denn das für einen Luftikus-Eindruck? So eine Beraterin kann doch niemand ernstnehmen.

Und trotzdem ist Vera zu mir in die Praxis gekommen. Trotzdem oder gerade deswegen? Weil Vera genau das Gegenteil lebt und damit wohl nicht wirklich glücklich ist. Vera hat eine kleine Agentur für die Erstellung von Websites. Sie gibt sich sehr viel Mühe, dass ihre Kunden in ihr eine professionelle, stets akkurate Dienstleisterin sehen. Sie ist morgens die Erste und abends (meistens eigentlich schon fast nachts) die Letzte. Ihre Wohnung hat sie eigentlich nur zum (zu wenig) Schlafen und Umziehen. Ihre Mitarbeiter sind ihr alle nicht genau genug. „Sie haben halt nicht den richtigen Ehrgeiz, und bevor ich eine schlechte Qualität zum Kunden gebe, mache ich es lieber selber noch einmal“. Zeit für einen Klönschnack mit Freunden, Sport oder zum Faulenzen hat sie nicht. „Meine Freunde verstehen einfach nicht, was es bedeutet, selbstständig zu sein. Ich muss so viel arbeiten, es geht halt nicht anders!“.

Oje, Vera! Wo bleibt der Spaß an der Sache, am Leben überhaupt? Sie hat erzählt, dass es ihr im Grunde egal ist, was sie da macht. Im letzten Jahr sollte sie einen Internetauftritt für den Aufsteller von Kaugummiautomaten bauen. „Was für ein Tinnef! Wer geht denn heute überhaupt noch an Kaugummiautomaten? Naja, mir war es ja egal, Hauptsache, der Kunde ist am Ende zufrieden und empfiehlt mich weiter, dann bekomme ich neue Auftraggeber“. Also, mir als buntem Schaf ist es nicht egal, wer mit welchen Aufträgen zu mir kommt. Mir ist das schon wichtig, dass das, was ich mache, mir auch Freude macht und mich ausfüllt. Sollte es das eines Tages nicht mehr tun, ziehe ich mich auf die Schafweide zurück.

Aber zurück zu Vera: Ich finde, wir müssen als Erstes mal das Hamsterrad ausbremsen, und zwar dringend. Und dann soll Vera einmal daraus aussteigen, zu Atem kommen und schauen, was dieser Vollgasmodus eigentlich bringt. Muss es wirklich um jeden Preis immer Vollgas sein? Ich bin ganz gut darin, rasende Hamsterräder zu stoppen. Ich stelle mich einfach mit meinem dicken Schafskopf davor, und dann bremse ich das Rad aus. In meiner Praxis sind Hamsterräder nämlich nicht erlaubt. Wie soll man sich denn auch aus einem Hamsterrad heraus in Ruhe unterhalten?

Ich glaube, das wird Vera gut tun, und dann sehen wir in aller Ruhe, wie es weitergehen kann, damit die Arbeit auch wieder Freude macht – und dass es auch ein Leben neben der Arbeit gibt!

Apropos: Gustav wartet, ich finde, ich habe für heute genug gearbeitet.
Bis bald in alter Frische, eure Bernadette!

Diese Website verwendet technisch erforderliche Cookies, um eine bestmögliche Funktionalität zu gewährleisten. Mehr lesen

Ok