Urlaub mit dem Workoholic?

Bernadettes Schaf-Blök

Achtung, letzter Schaf-Blök vor dem Urlaub! Letzte Möglichkeit zu arbeiten! So sehe ich das! Also, ich weiß nicht, wie ihr es haltet, aber ich erledige vor den Ferien meine Arbeit, und wenn ich weg bin, bin ich weg. Kein Smartphone, kein Computer, nüscht. Warum? Weil ich als freiberufliches Beratungsschaf sonst nie meine Ruhe bekomme. Und ich brauche die Regeneration, um meinen Schafskopf freizubekommen. Damit ich mich erhole, damit ich nach dem Urlaub umso besser wieder schäfliche Ratschläge geben kann.

Doch nicht jeder sieht das so. Vorgestern kam Astrid zu mir in die Praxis. Sie hat Urlaub gebucht für ihre Familie. Am Gardasee. Zwei schöne Wochen. Toll! Aber warum hatte Astrid dann so miese Laune? Tja, Astrid ist mit Reinhard verheiratet. Und Reinhard ist ein Exemplar eines Workoholics aus dem Lehrbuch. Ohne sein Handy bzw. sein Smartphone geht er nicht aus dem Haus. Okay, das ist leider heutzutage ohnehin die Normalität, aber Reinhard möchte nicht etwa nachgucken, wo es ein schönes Theaterstück gibt, wie die beste Route in die Berge ist oder wo man den besten Pesce essen kann. Nein, ihm geht es um die Verbindung zu seinem Büro. Kennt ihr noch den Schlager von Katja Ebstein? „Dann heirat‘ doch dein Büro. Du liebst es doch sowieso…“ sang die schöne Rothaarige vor Jahrzehnten. Und damals gab es noch nicht einmal Computer geschweige denn Smartphones. Ob Männer damals wohl ihr Faxgerät mit in den Urlaub genommen haben?

Die Arbeitssucht gab es also schon vor der ganzen digitalen Technik. Nur macht es die digitale Technik Männern – Frauen leiden genauso unter diesem Syndrom – wesentlich leichter, immer wieder nach ihrem Suchtmittel, der Arbeit, zu greifen. Und damit den Familienangehörigen schwerer. „Im letzten Jahr haben wir kaum einmal richtig was miteinander unternommen“, klagt Astrid. Ständig sei Reinhard am Telefon gewesen, hätte Termine mit Kunden abgesprochen und Anweisungen an seine Mitarbeiter gegeben. „Die Kinder, wir haben elfjährige Zwillinge, sind total enttäuscht gewesen, vor allem, weil ihr Vater auch mit seinen Gedanken oft abwesend und manchmal recht griesgrämig war. In diesem Jahr will Reinhard sogar drei Tage später nachkommen. Was natürlich unter anderem bedeutet, dass wir zwei Autos vor Ort haben werden. Ganz zu schweigen davon, dass ich mich um sämtliche Organisatorischen Dinge selbst zu kümmern habe“, grummelt sie.

Oh, ich kann das gut verstehen! Für mich wäre das auch nichts. Ich möchte im Urlaub auch nichts hören von Gustavs Arbeitsalltag. Da Reinhard sich aber sicherlich das Telefonieren bzw. E-Mail-Schreiben nicht verbieten lassen wird, lautet meine Empfehlung an Astrid, mit ihrem Mann eine feste Zeit zu vereinbaren, in der er telefonieren und organisieren darf. „Am besten morgens von 7 bis 8 Uhr“, grinste ich sie an. „Da schlaft ihr anderen noch und er stört euch nicht. Danach solltest du versuchen, ihn abzulenken, indem ihr miteinander Pläne schmiedet.“ „Na, ich will’s mal versuchen“, antwortete sie. „Und falls es nicht klappt, versuche, dich so wenig wie möglich zu ärgern. Sonst verdirbst du dir den Urlaub komplett, und das wäre noch schlimmer, auch für die Kinder!“

So, und nun mache ich aber auch Schluss. Ich habe keine Zeit mehr, muss Koffer packen. Und dann heißt es: Neuseeland, ich komme! Verwandte besuchen! Bis bald, frisch erholt, eure Bernadette!

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