Good cop, bad cop

Bernadettes Schaf-Blök

Hab ich euch schon mal erzählt, dass ich eine leidenschaftliche Krimikonsumentin bin? Ob als Buch oder im Fernsehen: Wo gemordet wird, ist auch Bernadette nicht weit – als Zuschauerin natürlich nur, versteht sich! Bei Gangstern besonders beliebt ist der Spruch: „Was wird das hier? Böser Bulle, guter Bulle, oder was?“, was ausdrücken soll, dass durch die scheinbar einfühlsame Art des einen Ermittlers der Verdächtige zum Reden gebracht werden soll, während die knallharte Methode des anderen für die notwendige Gefügigkeit gesorgt wird. Nach dem Motto: Der Ganove beichtet dem netten Polizisten alles, damit der schreckliche Polizist ihn in Ruhe lässt. Im besten Fall darf sich der Überführte sogar anschließend an der Schulter des Verständnisvollen ausheulen. Meistens wird diese Verhörmethode vorher abgesprochen unter den Beamten: „Und, willst du heute den Bösen oder den Guten spielen?“, woran ganz klar erkennbar ist, dass es sich um reine Taktik handelt – natürlich nur für den Zuschauer. Der Gangster merkt das nicht. Ganz schön durchtrieben, nicht wahr?

Bei der Kindererziehung ist es oft nicht anders, mit dem kleinen aber gewichtigen Unterschied, dass die Ermittler (die Eltern) sich nicht vorher abgesprochen haben und die Verdächtigen (die Kinder) nicht diejenigen sind, die ausgetrickst worden sind, sondern ganz genau umgekehrt: Die Eltern fallen unfreiwillig in das „Bullenmuster“, und die Kinder wissen das geschickt auszunutzen.

Bei Annette und Udo ist das ganz genauso. Während Annette den „bad cop“ gibt, ist Udo in der Regel der „good cop“. Svantje und Artur, die Kinder, wenden sich natürlich mit allen Bitten und Wünschen an den verständnisvollen, weichherzigen Udo. „Papa, kann ich noch ein Eis?“, „Papa, können wir heute Abend auch mal den Tatort schauen?“, „Papa, darf ich meine Hausaufgaben auf morgen verschieben?“, und so weiter. Udo, der Nachgiebige, sagt in aller Regel ja. Die Kinder kennen ihn und kalkulieren das ein.

Mama Annette findet das nicht so toll. Sie darf die Folgen dann anschließend ausbaden, wie sie meint. „Zu viel Eis ist ungesund und macht Bauchschmerzen, und anschließend wird das Abendessen nicht mehr aufgegessen.“, „Tatort ist für Kinder unter zwölf Jahren zu aufregend, so dass die Kinder später nicht einschlafen können. Am nächsten Tag bekomme ich sie nicht aus dem Bett.“, „Wenn die Hausaufgaben nicht sofort gemacht werden, werden sie in aller Regel gar nicht mehr erledigt. Wer darf dann mit dem Klassenlehrer wieder reden? Ich!“. Annette findet das unfair. Sie möchte keine strenge, harte Mutter sein, aber sie findet Udos Erziehungsstil zu larifari, zu inkonsequent, zu wenig durchdacht.

Beide Eltern wollen nur das Beste für ihre Kinder, und vor allem Annette fragt sich, wie sie aus dieser Good-cop-bad-cop-Nummer herauskommen. Letztlich ist es wohl so ähnlich wie bei den Krimis: Die beiden Ermittler – also in diesem Fall die Eltern – müssen sich vorher absprechen. Wenn beide Partner dieselben Erziehungsziele haben und dieselben Werte vermitteln wollen, sollten sie auch an einem Strang ziehen. Sprich: Ist ein Eis vor dem Abendessen erlaubt oder kann man sich darauf einigen, dass es nach dem Abendessen okay wäre? Ist das Schauen vom Tatort gestattet? Vielleicht ja, wenn am nächsten Tag Ferien sind, eher nein, wenn es am nächsten Tag in die Schule geht. Kann man die Hausaufgaben auch einmal verschieben? Eventuell geht das, wenn die Wettervorhersage für heute wunderbares Wetter ansagt, während es morgen in Bindfäden regnet.

Solange nicht ziel- und planlos ein „ja klar“ vom good cop kommt und aus lauter Prinzip ein „nein, auf keinen Fall“ des bad cop dahintersteckt, sondern die Erziehung einem gewissen Ziel dient, sollte es für Annette und Udo möglich sein, unabhängig voneinander zu ähnlichen Entscheidungen zu kommen. Dann können auch Svantje und Artur nicht mehr davon ausgehen, dass sie alles über Udo laufen lassen können und es „dann schon klargeht“. Das heißt nicht umgekehrt, dass jede Kleinigkeit bis ins Detail abgesprochen werden muss, das wäre ja anstrengend und krampfig. Aber der berühmte rote Faden sollte für alle Familienmitglieder nachvollziehbar sein. Das tut dem häuslichen Frieden gut.

Schließlich geht es bei der Kindererziehung nicht darum, einen Täter zu überführen, der anschließend grummelnd in seiner Zelle sitzt und Rachepläne für den bösen Polizisten schmiedet!

Eure Bernadette!

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