Live Fast, Love Hard, Die Young

Live Fast, Love Hard, Die Young – das ist eigentlich ein Zitat aus der Hippie-Zeit, nachdem Janis Joplin, Jim Morrison, Jimi Hendrix und weitere berühmte Musiker nach einem sehr intensiven, teils extremen Leben allesamt mit nur 27 Jahren starben.

Warum fällt mir das ausgerechnet jetzt ein, nachdem Tatjana und Heiko sich getrennt haben? Weil es ein bisschen darauf passt, wie sich ihre Beziehung entwickelt hat. Die beiden haben sich auf der Hochzeitsfeier von Bekannten kennengelernt und sich sofort verliebt. Ein Traumstart! Der Klassiker (der in der Realität gar nicht so oft vorkommt): Sie haben die ganze Nacht miteinander verbracht, zunächst tanzend, dann miteinander ins Bett taumelnd. Beide waren auf Wolke 7, konnten so viel Glück kaum fassen. Die nächsten Wochen vergingen wie im Rausch: Alles passte, es lief einfach fantastisch!

Und dann der erste Streit. Wie aus dem Nichts kam der, und zwar um eine Plastiktüte. Tatjana ließ sich in einem Bekleidungsgeschäft eine Plastiktüte zu ihren Einkäufen reichen, und Heiko war fassungslos, dass er sich derart in ihr getäuscht hatte. „Du lässt dir eine Plastiktüte geben? Weißt du nicht, wie viele Plastiktüten in den Ozeanen schwimmen? Wie viele Tiere daran zugrunde gehen und wie langsam dieses Zeug verrottet?“ Tatjana bezeichnete Heiko daraufhin als Öko-Fanatiker: „Ich hätte nie gedacht, dass du so ein Fass aufmachen würdest! Wegen nichts! Bin ich jetzt weniger wert als du, weil ich ausnahmsweise mal eine Plastiktüte nehme?“ „Jedes Stück Plastik ist eins zu viel“ und so ging es weiter.

Dabei blieb es nicht. Tatjana liebt Frühsport. Heiko mag lieber ausschlafen. Am Anfang konnte man beide Interessen miteinander verknüpfen, falls ihr versteht, was ich meine. Nach ein paar Wochen wollte Tatjana aber wirklich joggen gehen, während Heiko das Bett nicht verlassen wollte. Halb schnarchend beschwerte er sich über die „rüde Störung seines Schönheitsschlafs“, woraufhin Tatjana sagte, dass ihm ein wenig Fettverbrennung auch mal guttäte. Kaum war dieser Satz aus ihr herausgeschlüpft, war Heiko hellwach: „Was? Ich bin dir also zu fett! Na super! Besser ein paar Gramm zu viel als humorlos morgens in aller Herrgottsfrühe aufzustehen. Wo bleibt da die Lebensfreude?“, sprach’s und verschwand aus Tatjanas Wohnung und wart seither nicht mehr gesehen.

Dies alles schilderte mir Tatjana letzte Woche tränenüberströmt. Und nun nochmal zum heutigen Motto: Live Fast, Love Hard, Die Young. Das war doch alles viel zu schnell! Kaum kennengelernt, schon jeden Tag zusammengewesen, alles miteinander geteilt, total begeistert gewesen voneinander. Und dann starb sie früh, die Liebe. So schnell geht es meistens nicht.

Und woran haperte es am Ende? Eigentlich doch an Kleinigkeiten, oder? Sind das denn wirklich die Dinge, die eine Beziehung ausmachen? Die Sache mit der Plastiktüte, die unterschiedlichen Vorstellungen von körperlicher Fitness, waren das wirklich die Gründe, weshalb die kurze, aber intensive Beziehung zerbrochen ist? Oder war es nicht vielmehr die Enttäuschung, dass der andere Mensch, den man auf derart schnelle Weise so „hart“ geliebt hat, doch nicht perfekt ist? Das ist eine Erkenntnis, die in den meisten Beziehungen irgendwann aufkeimt: Der Partner ist nicht perfekt. Aber möglicherweise ist der Aufschlag in der Regel nicht so hart, da der andere nicht so sehr als vollkommenes Wesen wahrgenommen worden ist.

Vielleicht haperte es aber auch daran, dass die Kritik auf jeweils wunde Punkte stieß. Womöglich fühlte sich Tatjana dabei ertappt, dass sie eine Plastiktüte verwendete, oder Heikos schlechtes Gewissen wurde frühmorgens gemeinsam mit ihm geweckt, denn eigentlich könnte er wirklich mal Sport machen? Eine Beziehung lebt auch davon, sich auf den anderen wirklich einzulassen, zu schauen, was ich möglicherweise vom anderen lernen kann. Dass der andere Mensch oft anders ist, als auf den ersten Blick erwarten lässt, vor allem aber, dass der andere Mensch anders ist als ich selber, stellt zunächst eine Herausforderung, aber dann in vielen Fällen auch eine wertvolle Bereicherung dar. Doch diese gilt es erst einmal zu erkennen, wahrzunehmen, zuzulassen und anzunehmen. Das geht alles nicht so hopplahopp!

Ob Tatjana und Heiko sich noch einmal neu zusammenraufen können, weiß ich nicht, aber ich wünsche den beiden beim nächsten Versuch mehr Geduld – mit sich selbst und vor allem mit dem anderen Menschen und mehr Mut, sich ihrer Angst, evtl. erneut verletzt zu werden, zu stellen. Den ollen Schutzmantel einfach mal beiseite werfen. Die Schonbezüge abziehen. Denn letztendlich können wir das seltene Geschenk der wahrhaften und ehrlichen Liebe nur erleben, wenn wir den anderen erlauben, so zu sein, wie er ist, dieses „Risiko“ eingehen, die verborgene Chance erkennen und wir uns der Liebe voller Vertrauen hingeben.
Ich glaube ja an die Kraft der Liebe. Mit ihr lässt sich alles erreichen und immer einen Weg finden!
Und nun: Rock’n’Roll! Eure Bernadette!

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