Bühne frei für Tobias

Bernadettes Schaf-Blök

Moin! Habe ich euch eigentlich schon mal erzählt, dass ich total gerne tanzen gehe? Das ist für mich Ausgleich pur. Bewegung, tolle Musik und nette Gesellschaft. So viele tolle Gegebenheiten werden gleichzeitig bedient. Ich finde es einfach nur schön und kann mich dabei total auslassen.

Wenn jedoch Menschen, oder seine eigenen Kinder, einem auf der Nase herumtanzen, hört der Spaß sehr schnell auf und es wird auch oftmals sehr anstrengend!

Vor ein paar Tagen kam Cordula zu mir. Cordula hat einen 9-jährigen Sohn, der, so sagt sie, ihr auf der Nase herumtanze. Er halte sich nicht an abgesprochene Tabletzeiten, erledige seine Hausaufgaben nur, wenn er Bock drauf hat, steht abends zig mal wieder auf, gibt Widerworte, hat Wutanfälle usw.

„Bernadette, kannst du nicht einfach mal ein Machtwort mit Tobias sprechen?“, platzt es aus ihr heraus. „Wie bitte?“, frage ich etwas entsetzt. „Ich bin mir gerade nicht sicher, was du von mir erwartest?“ „Na, irgendeiner muss ihm mal gehörig den Kopf waschen, so geht es nicht weiter! Sein Verhalten mir gegenüber ist total respektlos.“ Ich muss etwas lachen. Ok. Ich verstehe. Cordula möchte, dass ich ihren Sohn anzähle, damit er sein Verhalten ihr gegenüber ändert. „Inwiefern soll das was bringen, liebe Cordula?“, frage ich sanft. „In meinen Augen ist nicht vordergründig das Problem, dass Tobias dir auf der Nase herumtanzt. Ich sehe eher, dass du ihm die polierte Tanzfläche dafür bietest. Und ich frage dich mal ganz direkt: „Wieso darf er das bzw. wieso lässt du das zu?“

Eltern wollen oftmals, dass ihre Kinder von außen „repariert“ werden. Sie werden von Pontius zu Pilatus geschleppt, therapiert, bearbeitet usw. Nein! Ich sage dazu ganz klar nein. Die Eltern müssen sich in diesem Fall fragen, was hat das Verhalten des Kindes mit mir zu tun? Wo und wieso setze ich keine Grenzen? Weshalb kann ich das nicht? Was stecken für Gefühle, Haltungen und Glaubenssätze dahinter? Weshalb verhält mein Kind sich so? Was braucht das Kind, um sich anders verhalten zu können? Was ist der Gewinn an diesem Szenario? Ich könnte hier Fragen über Fragen stellen.

Somit muss ich Cordula leider enttäuschen, denn ihren Sohn anzählen werde ich garantiert nicht. Ich kann und will gerne mit ihr arbeiten, dafür benötigt es aber eine große Portion Offenheit und Mut, sich den Fragen zu stellen.

Cordula verlässt etwas verwirrt meine Praxis. Damit hatte sie wohl nicht gerechnet. Sie wollte von mir gerettet werden, aber retten kann sich jeder nur selbst.

Ich bin gespannt wie es weitergeht. Sicherlich muss und darf Cordula diese Erkenntnisse erst einmal sacken lassen. Und ich darf aushalten, nicht jedem auf Anhieb helfen zu können und zu enttäuschen. So ist das nun mal.

Ok. Ich werde jetzt mal langsam das Wochenende einläuten und nach Hause zu meinem Bock Gustav traben. Wir wollen mal schauen, wo und wie wir dieses Wochenende noch ‘ne heiße Sohle aufs Parkett legen können…. 🙂

Let’s rock’n‘ roll!

Eure Bernadette

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