Hallöchen!
Ich bin es wieder. Es war ja sehr heiß am Sonntag, und auch manche Gemüter sind erhitzt. Robert und seine Frau Andrea sind nach diesem heißen Wochenende bei mir gewesen und haben mir ihre Probleme mit dem vierzehnjährigen Jonas geschildet. Jonas terrorisiere die Familie mit Wutanfällen, wurde mir berichtet. „Stecken wir Jonas in ein Bootcamp?!“, lautete die Idee bzw. die Frage von Robert.
Bereits früher sei Jonas extrem zornig gewesen. „Er hat Stühle, Geschirr und sogar schon eine Tür zertrümmert“, schilderte mir Andrea die Situation. „Er war kaum zu bändigen, als er in der Grundschule war. Damals haben wir ihn zu einem Kinderpsychologen geschickt, und es wurde auch tatsächlich um einiges besser“, erzählte sie weiter. Mit Beginn der Pubertät seien die Ausbrüche zurückgekehrt, und zwar schlimmer denn je. „Neulich hat er sein ganzes Zimmer verwüstet und sogar sein Fußballtrikot zerrissen“, beklagte die Mutter.
„Jetzt ist Schluss. Der Junge muss weg! Es ist nicht zum Aushalten!“, wetterte Robert. Seine Lösung: Entweder Jonas solle in ein Internat („aber wer soll das bezahlen?“), oder in die Jugendpsychiatrie oder eben „in so ein amerikanisches Dingsbums, Bootcamp, oder wie heißt das?“
Langsam, langsam, langsam! So schnell geht das nicht! So sehr ich nachvollziehen kann, dass es schlimm ist, mit einem Wüterich unter einem Dach zu leben, so sehr drängte sich mir bei den Erzählungen der Eltern die Frage auf, was eigentlich ihr Anteil an der ganzen Situation ist. Bislang ist der einzige, der sich – immerhin – einer Psychotherapie unterzogen hat, schließlich Jonas. Die Eltern scheinen noch keinerlei Bezug zu ihrem eigenen Verhalten hergestellt zu haben.
Und den Zahn muss ich den beiden wohl ziehen! Denn, liebe Eltern, es ist euer Sohn, der da wütet. Es kann nicht sein, dass er ganz aus sich heraus, von Geburt an sozusagen, ein Wüterich ist. Es muss an dem System liegen, in dem er aufwächst. Bevor wir also Jonas in ein Internat, in die Psychiatrie oder gar in ein Bootcamp stecken, werdet ihr euch mit dieser Frage auseinandersetzen müssen.
Dabei möchte ich euch gern helfen. Ich war ja nicht immer das bunte Schaf. Ich war früher ein schwarzes Schaf, und ich kenne mich sehr gut damit aus, sozusagen als schwarzer Peter für alles, was in der Herde schiefgeht, herhalten zu müssen. Doch es liegt nie an einem Mitglied der Herde bzw. der Familie alleine. Es liegt in der Regel am Zusammenspiel. Und daran können wir arbeiten, aber nur gemeinsam, und nicht, indem man einfach denjenigen, der am lautesten darunter leidet, wegschickt.
Wollen wir das tun? Dann lasst uns das anpacken, alle zusammen. Einverstanden? Wann machen wir einen Termin aus?
Eure Bernadette
Ganz toll geschrieben, man ist sofort mitten drin im Geschehen. Und auch, wie gut du die Familie langsam an ihre komplizierte Familiendynamik heranführst. Und auch uns immer wieder erinnerst, dass es nicht nur einen Schuldigen gibt, der dann nur mal eben schnell quasi ,, entsorgt,, werden muss …. Und dann ist Alles wieder ok… ganz liebe Grüße Anna und Familie
Danke liebe Anna-Maria, für dein Feedback!