Moin! Heute habe ich ein Thema, das nicht ganz so einfach zu erzählen ist. Ich will es trotzdem mal versuchen, denn ich glaube, weit mehr Leute haben damit zu kämpfen, als man gemeinhin denkt. Es geht darum, wenn Leute keinen Bock mehr aufeinander haben. Mein Bock heißt Gustav. Wir sind mit vielen anderen Schafen auf derselben Weide, und hin und wieder hab ich einfach keinen Bock auf ihn. Er will dann, aber ich nicht. Dann würd ich wohl wollen, aber er will nicht das, was ich wollen würde. Und manchmal möchte ich einfach nur, dass er mir durch die Wolle flauscht, das reicht ihm aber nicht, und dann ist er bockig. Ich glaube, ihr wisst, worauf das hier hinausläuft.
In meiner Beratungsstunde habe ich Bernd und Inge kennengelernt, und Inge hat sowas von keinen Bock mehr auf Bernd. Am liebsten würde sie ihn gar nicht mehr an sich ranlassen. Bernd ist natürlich frustriert. Eigentlich liebt er Inge, aber so ganz ohne Flauscheinheiten kann und mag er nicht leben. Deshalb hat sich Bernd eine neue Partnerin gesucht; mit anderen Worten: Er geht fremd. Puh, ganz schön starker Tobak, den die beiden mir in der ersten Eheberatung da aufgetischt haben.
Immerhin ein sehr gutes Zeichen: dass beide überhaupt zu mir in die Beratung gekommen sind, und das auf gemeinsamen Wunsch. Das ist der erste Schritt, dass es doch noch klappen kann mit den beiden.
Dass Bernd sich eine neue Partnerin gesucht hat, hat er freilich nicht zugegeben. Inge hat das spitzgekriegt und hat Bernd das auf den Kopf zugesagt. Er streitet alles ab, aber ich fürchte, dass Inge das richtig sieht. Puh, wenn Gustav sich ein anderes Schaf suchen würde, wüsste ich aber nicht, was ich machen würde! Es ist ja nicht so, dass Inge ihren Bernd nicht mehr lieben würde, aber da ist eine Barriere zwischen den beiden, weshalb Inge nicht mehr mit Bernd flauschen mag. Ganz schön verzwackt.
Die beiden waren jetzt erst zum zweiten Mal bei mir. Beim ersten Mal haben beide das Problem geschildert, jeweils aus ihrer Sicht natürlich. Beim zweiten Mal haben beide darüber gesprochen, was sie sich voneinander wünschen. Danach waren beide schon etwas weniger bockig. Ich glaube, dass sie noch einen langen Weg vor sich haben, aber wie sagt man so schön: Auch der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt. Und den haben beide nun angetreten, indem sie sich entschlossen haben, gemeinsam daran zu arbeiten. Und ich werde ihnen dabei gern zur Seite stehen.
Jetzt muss ich aber nach Hause, sonst macht Gustav noch Blödsinn. Mal sehen, was der Bock heute so treibt! Ich halte euch auf dem Laufenden, eure Bernadette!