Moin, ihr Leute!
Heute möchte ich mit euch über ein heiß diskutiertes Thema reden: Es geht um ADHS, das bedeutet Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom – allein das Wort sitzt einem ja schon quer im Hals, und für viele Menschen ist das Thema wirklich ein rotes Tuch. Gibt es ADHS überhaupt? Gab’s das früher schon, oder ist das neuzeitlicher Tüddelkrams, Psychogewäsch, etwas, das aus zu lascher Erziehung resultiert, also etwas für Weicheier und Hypersensible?
Zunächst mal möchte ich feststellen: Es gibt Kinder (und sogar viele Erwachsene), die sich sehr schwer tun mit ihrer Konzentration, die ihre Aufmerksamkeit nicht lange auf einer Sache halten können. Sie schweifen ab, sie sind mit ihren Gedanken woanders, hampeln herum und machen ständig Faxen. Das kann sogar bis hin zu körperlicher Aggressivität gehen. Man kannte das auch schon früher, nämlich als Zappelphilipp-Syndrom. Das heißt, diese Verhaltensweise ist nichts Neues, hat nichts mit modernen Erziehungsmethoden zu tun.
Zusätzlich verfügen diese Menschen häufig über wenig Gespür für ihre Umwelt, was dazu führt, dass sie nicht merken, wie sehr sie beispielsweise ihre Eltern, ihre Lehrer oder andere Menschen in ihrem Umfeld damit belasten. Denn es ist anstrengend, wenn man so einen Zappelphilipp um sich hat, so ehrlich darf man sein.
Vor ein paar Tagen kamen die Eltern von so einer Zappelphilippine in meine Praxis und wollten von mir wissen, was ich von Ritalin halte. Ritalin ist das, was das Thema bei vielen Menschen zum knallroten Tuch werden lässt, denn es ist ein Medikament, das die Aufmerksamkeitsspanne bei den betroffenen Kindern erhöhen und sie ausgeglichener machen soll. Dieses Medikament hat nun der Kinder- und Jugendpsychotherapeut nach mehreren Testen und aufwendigen Untersuchungen für ihre Zappelphilippine empfohlen. Jetzt wissen die Eltern nicht, was sie machen sollen: Sollen sie Philippine mit Ritalin behandeln oder nicht?
Nun, ich bin ein Schaf und keine Medizinerin. Letztlich darf ich diese Entscheidung nicht treffen und kann und will sie den Eltern auch nicht abnehmen. Wie so oft im Leben gilt es, abzuwägen: Wie hoch ist der Leidensdruck bei den Eltern und bei unserer Zappelphilippine selber (denn auch sie merkt ja, dass sie in ihrem Umfeld nicht immer gut gelitten ist)? Was erhoffen sich die Eltern von Ritalin? Anpassung? Leistung? Potentialentfaltung? Ist es realistisch, dies mit Ritalin zu erreichen? Wie ginge es ohne Medikamente weiter? Ist es unmöglich, mit der Diagnose ADHS in der Gesellschaft zurechtzukommen, oder könnte eventuell auch eine Veränderung im Umfeld Linderung bringen?
Ich weiß, das sind viele Fragen und zunächst keine Antworten. Aber ein Medikament, das Einfluss auf das Verhalten eines Menschen nimmt, sollte sorgfältig in Nutzen und Schaden abgewogen werden. Das ist schließlich keine Kopfschmerztablette.
Das meint eure Bernadette!