Moin Moin! Was ist das doch für ein herrliches Wetter! Die Sonne scheint, die Bienen summen, das Gras ist grün… ein bisschen zu trocken allerdings. Hoffentlich regnet es bald. Bis dahin lassen Gustav, meine Herde und ich es uns gut gehen und lassen den lieben Gott einen guten Mann sein.
Ihr Menschen seid da schon seltsam. Ihr könnt das meistens nicht so. Schaffe, schaffe Häusle baue, heißt es im Schwabenländle. Und wenn das nicht so läuft, wie ihr das haben wollt, gibt’s Stress und Ärger. Eine Klientin von mir heißt Frauke. Frauke ist sehr beflissen, es ihrem Mann recht zu machen. Sie bedient Frank von vorn bis hinten. Sie kocht, sie bügelt, sie putzt, sie kümmert sich um die Autoversicherungen, die Steuer, sie regelt Familienbesuche und kauft Bekleidung für Frank. Ach ja, und sie haben ja noch drei Kinder. Selbstredend, dass Frauke auch die Kinder von vorn bis hinten versorgt. Frank sieht das nicht als seine Aufgabe an.
Und wie dankt er es ihr? Wenn ich schon so frage, könnt ihr euch denken: gar nicht! Im Gegenteil. Sie wird zu allem Überfluss noch laufend von ihm heruntergeputzt. „Mach schneller, mach gründlicher, mach besser, mach mehr, mach richtig…“ Und so weiter und so fort. Es gibt kein Lob, keinen Dank, keine Komplimente. Ob es ihr gut geht, das juckt den Pascha nicht.
Im ersten Moment denkt man: die allerärmste Frauke! Und natürlich ist das auch so. Aber ganz ehrlich: Auch, wenn es hart klingt, an solchen Konstellationen sind immer zwei beteiligt. Durch Fraukes unterwürfiges Verhalten öffnet sie Franks Forderungen und Ansprüchen Tor und Tür. Da er offenbar die Neigung zur Tyrannei hat, nutzt er ihren Gehorsam schamlos aus. Sie wird natürlich noch eilfertiger, weil sie es ihm recht machen und ihn besänftigen möchte, und statt es ihr zu danken, verliert er jeden Respekt vor ihr und kommandiert sie noch mehr herum. Ein Teufelskreis!
Aus diesem Teufelskreis kann aber nur Frauke selbst ausbrechen, denn Frank geht es ja bestens mit der Konstellation. Mir geht das allerdings gehörig auf den Senkel. Ich werde die beiden das nächste Mal gemeinsam zu mir einladen. Mal sehen, ob ich Frauke ein wenig aufmüpfig machen kann. Ich glaube, Frank würde das vielleicht im ersten Moment nicht gefallen, aber wahrscheinlicher ist, dass er wieder mehr Respekt vor seiner Frau haben wird. Und sie wird wieder mehr ihre eigenen, berechtigten Bedürfnisse erkennen und Ansprüche darauf erheben. Vielleicht lotet sich das Verhältnis der beiden ja wieder zu einer ausgeglichenen Partnerschaft aus, wo nicht einer der Boss und der andere der Hiwi ist. Was meint ihr?
Oh, ich glaube, es fängt an zu regnen! Endlich! In der Natur muss es nämlich auch ausgeglichen zugehen. Immer nur Sonne ist genauso schädlich wie immer nur Regen. Also, ab in den Stall, Heu fressen!
Eure Bernadette