Die missgünstige Annette

Grüezi! Ich bin wieder da! Erinnert ihr euch? Ich war am Genfer See, zuerst eine Woche in der Hotelanlage neben Familie Zankapfel, die sich dann aber bald vertragen hat. Und danach war ich noch in den Bergen zum Wandern. Ich habe mich herrlich erholt!

Gar nicht gut erholt hat sich die erste Klientin nach meinem Urlaub. Obschon Annette sich echt was Tolles gegönnt hat, ist sie total unzufrieden. Zwei Wochen Malediven! Aber! Das Flugzeug ist eine Stunde zu spät gestartet („eine Zumutung!“), das Hotelzimmer hatte fleckige Wände („ekelig!“), der Pool war zu klein („der sah aber im Prospekt viel größer aus!“), und die Kinder sind mal wieder krank geworden („wie immer im Urlaub“).

Und kaum war sie wieder zuhause in Sögel, haben die nervigen Nachbarn die Hecke geschnitten („wir waren zwei Wochen weg. Da hätten sie’s doch machen können! Das war garantiert Absicht.“). Außerdem ist sie bereits am zweiten Arbeitstag wieder vollkommen genervt von ihrer Arbeitskollegin („die telefoniert immer so laut!“) und vor allem von ihrer Familie („80. Geburtstag von Papa, und der soll in dieser popeligen Landgaststätte gefeiert werden?“). Das war die Idee ihres Bruders („dem hab ich erstmal gesagt, was ich davon halte. Und Papa und Mama sollten das ruhig mitbekommen. Dass der Dörfler nur so eine provinzielle Location aussuchen würde, war ja klar. Aber nicht mit mir!“)

Puh, mir klingelten die Ohren! So viel negative Energie, die Annette da in sich trägt! Ich musste erst einmal ganz tief durchschnauben, und dann hab ich Annette gelobt. Gelobt dafür, dass sie sich Rat sucht. Denn damit ist sie den berühmten ersten Schritt gegangen. Dass da ganz tief in ihrem Inneren etwas nicht in Ordnung ist, ist ja ganz offensichtlich. Doch woher rührt diese Unzufriedenheit über Banalitäten, wo doch ihr Leben äußerlich intakt ist? Geld, Arbeitsplatz, Familie, das alles ist ja vorhanden. Und dennoch kommt Annette nicht zur Ruhe, sondern scheint die ganze Welt um sich herum zu hassen. Was sie wiederum so deutlich zeigt, dass sie wenig Zuneigung zurückerhält. Das macht sie dann noch wütender.

Irgendetwas Elementares fehlt Annette, um mit sich selber im Reinen zu sein. Ich möchte ihr gerne dabei helfen, dieses Etwas zu finden, denn ich glaube, wenn sie diesen Mangel in sich selber gefunden hat und ihn sich erfüllt, dann erst kann sie in Frieden mit sich selber und ihrer Umwelt leben. Das wird sicherlich nicht leicht, aber ich bin ein buntes Schaf, und die haben ein besonders dickes Fell. Und mit dieser Dickfelligkeit stehe ich Annette zur Seite, bis wir den Grund für ihre Bockigkeit herausgefunden haben.

Gut erholte Grüße von eurer Bernadette, jetzt wieder auf der heimischen Weide in Haren!

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