Dem Ex die rote Karte zeigen

Moin Moin!

Wisst ihr, was ich echt nicht leiden kann? Wenn Leute mich mit einer Sache im Stich lassen und mir dann trotzdem noch erzählen, was ich alles falsch mache. Da werde ich richtig grantig! Für solche Leute kenne ich nur Eins: die rote Karte!

Ich habe dies auch meiner Klientin Ilka gesagt. Ilka ist geschieden und hat einen 13-jährigen Sohn, der – sagen wir mal – verhaltensoriginell ist. Ihr könnt euch vielleicht vorstellen, was das bedeutet: Er steht schon mal in einem Restaurant auf dem Tisch und lässt seine Playmobilmännchen am Kronleuchter Karussell fahren, lautes Singen in der Kirche – wenn alle anderen ruhig sind – ist auch schon vorgekommen, und die Autohupe (weiß der Himmel, wo er sie herhat) am Fahrrad gefällt auch nicht jedem Nachbarn. Im Prinzip ist Anton ein lieber Junge, aber es ist nicht immer leicht mit ihm, und die Lehrer haben ihr auch schon zu verstehen gegeben, dass es so mit dem Einserzeugnis nichts wird.

Nun gut, Ilka weiß das selbst. Es ist auch nicht gerade wenig anstrengend für sie. Sie hätte schon gern hier und da mal einen ruhigeren Jungen, aber Anton ist nun mal, wie er ist. Dazu kommt, dass Ilka alleinerziehend ist. Ihr Ex hat sich bereits vor neun Jahren aus dem Staub gemacht und lässt sie seitdem ziemlich allein mit dem Jungen. Zwar zahlt er Unterhalt, aber dafür meint er auch, das Recht zu haben, jederzeit ungefragt „gute Tipps“ geben zu dürfen.

„Er meint, es liege alles an mir. Ich sei keine gute Mutter. Meine Erziehungsmethoden seien zu lasch, und ich hätte keine Ahnung. Vielleicht hat er ja auch Recht? Ich habe ja von Zuhause auch nicht viel Gutes mitbekommen. Mein Vater war selten daheim, und meine Mutter hat getrunken. Könnte ja sein, dass ich daher keine wirkliche Ahnung habe, wie man Kinder erzieht“, so klagte mir Ilka ihr Leid.

„Puh, da hat dich dein Ex aber schon ganz schön runtergezogen. Ganz ehrlich, darauf würde ich nicht allzu viel geben. Wie oft ist er da? Selten. Seit wann ist er weg? Seit Jahren. Was macht er, außer den Unterhalt zu zahlen und unerwünschte Ratschläge zu geben? Kaum etwas! Ich finde, er hat sich rauszuhalten“, gab ich empört zurück.

„Du sagst das so leicht, aber ich sehe doch selbst, wie oft Anton völlig aus der Reihe tanzt. Eine ideale Erziehung muss offensichtlich wohl anders aussehen. Insofern kann ich nicht ganz abstreiten, was mein Ex da so sagt, oder?“, meinte Ilka.

„Nun, es gibt sicherlich an der einen oder anderen Stelle Möglichkeiten, deinen Erziehungsstil zu optimieren. Aber zunächst einmal möchte ich gern dein Selbstwertgefühl optimieren. Von Einem, der sich aus der Verantwortung gezogen hat, brauchst du dich nicht runtermachen zu lassen. Wollen wir stattdessen einmal gemeinsam schauen, was du schon gut machst und wo du vielleicht Veränderungen vornehmen kannst? Und zwar nicht, weil dein Ex das meint, sondern damit du und Anton besser miteinander klarkommt?“, versuchte ich ihr Mut zu machen. „Ja, das klingt gut“, meinte Ilka zögernd, und so schauen wir seitdem.

Wobei ich ganz ehrlich auch immer heimlich ein bisschen lachen muss: Playmobilfiguren am Kronleuchter Karussel fahren lassen. Hihi! Das habe ich früher auch gemacht, allerdings mit meinen Lammpuppen. Das hat Spaß gemacht. Nur wissen durfte es keiner!

Bis demnächst, eure Bernadette!

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